The Zephyr – Oktober 2021

The Zephyr – Oktober 2021

Liebe Gefährtinnen und Gefährten auf dem Weg,

draußen vor meinem Fenster vergilben die Blätter und beginnen, heiter von den Ästen zu trudeln. Der goldene Hauch des Herbstes ist da.

Auf meinem Bildschirm sind die Nachrichten von einer anderen Art. BBC News berichtet: “Facebook hat gerade angekündigt, dass es 10.000 Menschen in Europa einstellen wird, um das ‘Metaverse’ aufzubauen.” Niemand scheint genau zu wissen, wie das Metaversum aussehen wird, aber die allgemeine Erwartung ist eine Erweiterung des Internets um eine virtuelle Realität, in der wir alle über Avatare in einer simulierten Welt interagieren werden, die soziale Interaktion, Unterhaltung und Handel fördern soll.

Ein Metaverse existiert bereits. Man nennt es Barzakh. Dies ist der Ort, an dem, wie Henry Corbin es so treffend formulierte, “Körper vergeistigt und Geist verkörpert wird”. Jeder von uns hat dort eine Präsenz, auch wenn die zeit- und raumgebundene Dimension unseres Verstandes sich dessen weitgehend nicht bewusst ist. Wenn wir mit Wesen in Verbindung treten, die wir mit unseren Augen nicht sehen können – zum Beispiel mit einem Dschinn oder einem Freund auf der anderen Seite der Welt -, dann tun wir dies im Barzakh. Wenn wir sterben, werden wir im Barzakh weiterleben.

Das Metaversum von Facebook kann das Barzakh unmöglich nachbilden, denn das Barzakh ist das natürliche Innenleben aller Wesen. Wie sein Vorläufer, das Internet, wird das Metaversum eher ein Schatten des Barzakh sein als das wirkliche Ding –  in verschiedener Hinsicht nützlich, aber nicht ontologisch solide. Während das Barzakh eine direkte Schöpfung ist, wird das Metaversum das Machwerk von gewinnorientierten Unternehmen sein.

Marshall McLuhan sagte, dass jede Erweiterung eine Amputation ist. Das Barzakh ist in unserer rationalistischen Kultur bereits weitgehend vergessen. Zum Glück bewahren bestimmte spirituelle Traditionen noch das alte Wissen, das die Suchenden in die Zwischenwelt und darüber hinaus führt. In der Inayatiyya schätzen wir dieses Wissen und versuchen, es stetig zu erneuern. Wir müssen zwar keine feste Haltung pro oder contra virtuelle Realität einnehmen, aber unsere innere Erfahrung sagt uns, dass der Schatten nicht die Substanz ist.

Letzte Woche weinte William Shatner, als er aus dem Weltraum auf die Erde hinunterblickte. Es stellt sich heraus, dass die größte Entdeckung der Technologie die Großartigkeit dessen ist, was schon da ist. 

Draußen vor meinem Fenster vergilben die Blätter und beginnen, heiter von den Ästen zu trudeln. Der goldene Hauch des Herbstes ist da.

Immer der Ihrige,

Pir Zia

Original in Englisch

Dear Companions on the Path,

Outside my window, the leaves are yellowing and beginning to tumble serenely from their branches. Autumn’s golden touch is here.

On my screen, the news is of a different kind. BBC News reports, “Facebook has just announced it’s going to hire 10,000 people in Europe to build the ‘metaverse.’” No one seems to know exactly what the metaverse will look like, but the general expectation is of a virtual-reality annex to the internet where we will all interact via avatars in a simulated world landscaped to promote social interaction, entertainment, and commerce.

A metaverse already exists. It’s called the barzakh, the isthmus between matter and spirit. This is where, in Henry Corbin’s memorable phrase, “bodies are spiritualized and spirits are corporealized.” All of us have a presence there, though the time-and-space-bound dimension of our mind is largely unaware of it. When we connect with beings whom we cannot see with our eyes — a djinn, for instance, or a friend on the other side of the world — we do so in the barzakh. When we die we will live on in the barzakh.

Facebook’s metaverse cannot possibly replicate the barzakh, because the barzakh is the naturally-occuring interior life of all beings. Like its precursor the internet, the metaverse will be a shadow of the barzakh rather than the real thing — useful in various ways, no doubt, but not ontologically solid. Whereas the barzakh is direct creation, the metaverse will be the handiwork of for-profit corporations.

Marshall McLuhan said that every extension is an amputation. The barzakh is already mostly forgotten in our rationalist culture. It’s fortunate that certain spiritual traditions still preserve the ancient knowledge that leads seekers into the interworld and beyond. In the Inayatiyya, we treasure this knowledge and seek to consistently actualize it. While we need not take a fixed stance pro or contra virtual reality, our inner experience tells us that the shadow is not the substance.

Last week, William Shatner wept when he looked down at the Earth from space. It turns out technology’s greatest discovery is the resplendence of what is already here. 

Outside my window, the leaves are yellowing and beginning to tumble serenely from their branches. Autumn’s golden touch is here.

Yours ever,

Pir Zia

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